Hakenstedt war frei von militärischem Widerstand, so daß die Besatzer den Ort zügig einnahmen. „Es wurden weitläufige Hausdurchsuchungen vorgenommen und nach Waffen, Ferngläsern und Fotoapparaten geforscht. Die Bevölkerung musste von 20.30 Uhr bis 6 Uhr früh daheim bleiben und durfte sich nicht auf der Straße zeigen.“ berichtet Augenzeuge Ladislaus Franz in seinen Notizen zur „Chronik Hakenstedt“.
Ein anderer Zeitzeuge beschreibt in seinen Lebenserinnerungen diese dramatische Zeit, als Amerikaner und Briten sich abwechselten und zuletzt die Sowjetarmee Hakenstedt besetzte. (Ausschnitte, gekürzt.)„Die Amerikaner rückten in Hakenstedt ein. Sie verhängten eine nächtliche Ausgangssperre, alle Radios, Fotoapparate und Jagdwaffen mussten abgegeben werden. Nazifunktionäre wurden verhaftet und teilweise sofort erschossen. / Zwischenzeitlich waren die Amerikaner abgezogen und die Engländer übernahmen die Verwaltung. Sie traten kaum in Erscheinung. Bedingt durch die Potsdamer Konferenz übernahmen die Russen die westlichen Gebiete der Provinz Sachsen und Thüringen. / Am 01.07.1945 zogen die Russen in Hakenstedt ein. Die Offiziere wurde im Ort einquartiert und die Mannschaften in einem Feldlager, das im Bruch errichtet worden war. / Alle Verwaltungsposten wurden von Kommunisten und Antifaschisten übernommen. Neue Bürgermeister wurden eingesetzt und alle alten Lehrer entlassen. Das Sagen in den Verwaltungen hatten die russischen Kommandanturen.“ Ebenfalls in „Chronik Hakenstedt“ nachzulesen.
Nach Abzug der Briten zogen russische Truppen zweieinhalb Tage und Nächte mit Fußvolk und Panjewagen durch den Ort weiter hin zur Westgrenze. Sie folgten dabei der Alten Dorfstraße, die als Hauptstraße auf ihren Landkarten stand. Einige Truppenteile blieben in Hakenstedt, andere zogen weiter.
Russische Offiziere quartierten sich bei Familien im Ort ein, wofür sie einzelne Zimmer beschlagnahmten. Die Frau des Hauses musste den einquartierten Offizier mit Essen versorgen. Jede Mahlzeit ließ dieser vorher von seinem Bediensteten (Muschkoten) kosten.
Unser Ort hatte bereits mit über 700 Flüchtlingen seine Kapazitätsgrenzen erreicht, nun gesellten sich noch Armeeangehörige der Besatzer dazu. Im Seelschen Bruch richteten diese ein großes Militärlager für ihre Soldaten ein. Es wird berichtet, daß dort bis zu 900 vorübergehend lagerten.
Kaum jemand ahnte damals, daß mit Beginn der sowjetischen Besatzung eine massive Umformung der bestehenden Gesellschaftsordnung begann, die viele kulturell historische Gegebenheiten und Traditionen zerstörte. Politisch gleichgeschaltete deutsche Gesinnungsgenossen nutzten die Gunst der Stunde für propagandistische Parolen und Versprechungen, um Menschen in der Sowjetischen Besatzungszone eine kommende heile Welt zu suggerieren. Dieses neue politische System beanspruchte die Abkehr von vielen kulturell historischen Normen, untersagte eine freie christliche Entfaltung, beschlagnahmte willkürlich Eigentum ohne Einspruchsmöglichkeit, verbot Vereine bzw. zwang sie zur politisch orientierten Neugründung.
Wirtschaftlich intakte Bauernhöfe, Geschäfte, Betriebe wurden enteignet, zerstückelt, Flurstrukturen zerstört und bäuerliches Brauchtum vernichtet. Presse- und Meinungsfreiheit strikt eingeschränkt, sowie Atheismus zur Staatsdoktrin erhoben. Das Volk ideologisch drangsaliert und unterwandert, Konsum von Westmedien verboten, aber später mit Gründung des Intershop die begehrte Westmark allen Besitzern diese Währung aus der Tasche gezogen.
Dank seiner unbezwingbaren Wahrheitsliebe fand unser Volk nach 44 Jahren den Mut zur politischen Wende und beendete den gescheiterten gesellschaftlichen Freiluftversuch. Wahrheit findet ihren Weg – zu allen Zeiten, immer wieder neu.