(Ein kleines Andenken an eine wohl kaum bewusst wahrgenommene Baumreihe am Weg ins Seelsche Bruch.)
Am Bruchweg, wie an einem langen Band
stehen uralte Pappeln fast wie Hand in Hand
seit Jahrhunderten begleiten sie den Zeitenlauf
nur ihr eigenes Alter hält sie wohl nun dabei auf.
Bald sind es schon dreimal hundert Jahre her,
da ward der einstmals große See dann völlig leer.
Auf Befehl des Königs ging das Wasser hier verloren
und eine neue Landschaft ward somit geboren.
Wenn man unter den großen Pappeln steht,
oder sehr langsam an ihnen vorübergeht,
hört man ein leises Grummeln, ein sachtes Rauschen
wer etwas Muße hat, kann sie sogar belauschen.
Im grünen Blätterdach der alten Pappelstumpen
haben auch frische Äste ihr neues Heim gefunden.
Sie wispern mystisch mit den alten Zweigen,
die sonst wohl lieber über alles schweigen.
In ihren langen, drei mal hundert Jahren
mussten sie so allerhand erfahren.
Schlimme Wetter, tiefer Frost und Schnee
taten nicht nur ihren alten Ästen weh.
Aber auch des Lebens schöne Seiten
konnten sie sehr lange doch begleiten.
Im Frühling werden sie so langsam wach
und zieren sich mit einem frischen Blätterdach.
Als ihre Stämme noch jung und kräftig waren –
sind Napoleons Truppen hier ins Bruch gefahren.
Erst durch Blüchers soldatisches Geschick
zogen die Franzosen wieder nach Paris zurück.
Nach gut 130 Jahren sollte es dann passieren,
daß wieder fremde Heere hier vorbeimarschieren.
1945 kamen Soldaten mit russischen Fahnen,
die hier im Bruch ihr großes Lager nahmen.
Bis um die 900 an der Zahl, so wird berichtet,
hatten sich hier schnell eingerichtet.
Auch wenn‘s im Bruch nur für kurze Zeit geschah,
sie blieben doch noch weitere 50 Jahre da.
Es ist zu hoffen, daß nie wieder fremde Soldaten
an den Pappeln vorbei ins Selsche Bruch geraten.
Sollen uns doch die betagten Baumruinen
noch lange Zeit nur mit ihrem Dasein dienen.
So bieten sie nicht nur der bunten Vogelwelt
stets ein Asyl unterm weiten Himmelzelt,
ihr trocknes Holz loderte in manchem Ofenfeuer -
spendete wohlige Wärme, und dies nicht mal teuer.
Mögen sich doch die alten Pappeln –
noch etwas dauerhaft berappeln,
damit ihre Baumreihe noch einige Zeit
uns mit ihrer Anwesenheit erfreut.
© Bernd Gehre 2014