===> SB Nur ein Traum ?.

Die Seele des Seelschen Bruches

Das Seelsche Bruch hat eine eigene Seele -
und immer, wenn ich davon erzähle,
versinke ich sogleich tief in Gedanken,
die sich um die alten Sagenschätze ranken.
Sobald ich dann auch meine Augen schließe,
den Blick in diese verlorene Welt genieße.

Ich seh, daß vor vielen hundert Jahren
Fischerfamilien hier einst wohnhaft waren.
Ich seh die Fischerkähne am flachen Strande stehn,
und die Fischer mit ihrem Fang nach Hause gehn.
Ich sehe viele Kinder im seichten Wasser springen,
und höre wie sie munter lustige Liedchen singen.

Ich seh die Fischernetze wehen im lauen Wind –
damit sie auch morgen wieder trocken sind.
Ich seh die Fischerhütten rings um den See -
zwischen saftigen Wiesen, grün wie Klee.
Ich seh die Reisenden mit ihrer schweren Last,
wie sie hier verweilen bei einer kleinen Rast.

Ich seh die Abendsonne, wie sie rot im See versinkt,
und den alten Mond, der bereits am Himmel blinkt.
Ich seh die Wellen, wie sie seicht ans Ufer rollen –
und vernehme aus der Ferne ein Gewittergrollen.
Ich seh die Kraniche, wie sie am Abendhimmel ziehn
und dabei wohl in den warmen Süden fliehn.

Ich sehe Selschens imposante Kirche stehn –
viele Zeiten hat sie kommen und gehen sehn.
Welches Schicksal wird sie noch ertragen,
sie war Heimatkirche, auch an schlechten Tagen.
Ich hör den Glockenschlag, der von Selschens Kirche dringt
und im Abenddämmerlicht wie eine Mahnung klingt.

Noch ist friedlich hier das Umfeld im schönen Tal,
doch leider täuscht der stille Friede wieder mal.
Durch Fehden ging Selschen schnell zu Grunde –
auch der große Selsche See war bald verschwunden.
Ich glaub, die Seelen der Menschen, die hier einst waren
auch heute noch für uns dieses weite Areal bewahren.

Doch öffne ich die Augen nach diesem Traum,
und besehe die Realität, man glaubt es kaum –
„Naturschutz“ ist oft doch nur ein hohles Wort,
wo findet man geschützte Natur, an welchem Ort?
Wo sich einst der große See in voller Pracht befand
ist heute oftmals nur noch plattes grünes Weideland.

Man darf ja weiter träumen!

© Bernd Gehre 2018